Große Ereignisse werfen bekanntermaßen ihre Schatten voraus. Das gilt auch für das 100-jährige Bestehen der Volkshochschule Essen (VHS). Dieses Jubiläum fällt – wie bei vielen anderen deutschen Volkshochschulen auch – ins Jahr 2019. Die Vorbereitungen zu den Jubiläumsfeierlichkeiten laufen bereits auf Hochtouren. Die Semester-Eröffnung am 10. Februar 2019 markiert den Start in das Jubiläumsjahr.
Am Anfang stand ein Aufbruch, der sich durch alle gesellschaftlichen Bereiche zog. Besonderes Augenmerk verdient, dass sich die nach dem Ersten Weltkrieg gegründete Weimarer Republik in ihrer Verfassung zur Freiheit und Pflege von Kunst und Wissenschaft bekannte, gar das Amt des Reichkunstwarts aus der Taufe hob. Als hätten die Menschen dieser Zeit keine anderen Sorgen gehabt.
Bereits am 28. Mai 1919 wurde auf Beschluss des Ausschusses für Volksbildung der Essener Stadtverordnetenversammlung die VHS Essen gegründet. Maßgeblich beteiligt war der damalige Essener Oberbürgermeister und spätere Reichskanzler Dr. Hans Luther. Große Bedeutung kam dabei auch dem Pädagogen Artur Jacobs (1880-1968) zu, der mit seiner Schrift »Über Wesen und Ziele einer Volkshochschule« die Gründung theoretisch vorbereitete.
Die Gründung zahlreicher Volkshochschulen im Sinne des Verfassungsauftrages war sichtbarer Aufbruch in eine neue Zeit. Schriftsteller und Dichter propagierten einen neuen Menschen, der sich nicht perfekt an einen von oben nach unten durchorganisierten Staat anpassen ließ: Widerspruch, Zivilcourage, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung waren nun gefragt.
In der Kunst etwa brachen die Expressionisten auf, was sich dahinter verbirgt: Die Zahl der Aufbrüche ließe sich beliebig mit Beispielen aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, aus Sport, Musik, Architektur und weiteren Feldern illustrieren. Im Zeichen eines Aufbruchs für die Kunst und die Bildung steht die Stadt Essen: 1919 bildete sich auf der Margarethenhöhe eine bedeutende Künstlerkolonie. Und: Nach dem Tod des berühmten Hagener Industriellen Karl Ernst Osthaus übernahm die Stadt Essen das Museum für moderne Kunst, heute weltbekannt unter dem Namen Museum Folkwang.
Die Künstlerinnen und Künstler schöpften neue Kraft aus der Verbindung der Künste, deren gemeinsames Wirken in der Bündelung und dem ergänzenden Miteinander zum Ausdruck kommt. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums ihrer Gründung organisiert die VHS Essen für das gesamte Stadtgebiet unter dem Titel »Aufbrüche« einen Verbund, der in Ausstellungen, Aufführungen, Vorträgen und Exkursionen die Verbindung von politischer und kultureller Moderne aufzeigt. Zu den teilnehmenden Institutionen gehören unter anderem das Museum Folkwang, die Alte Synagoge, das Ruhr Museum, der Historische Verein für Stadt und Stift Essen, die Stadtbibliothek und die VHS selbst.
Der Kurzfilm »100 Jahre im Licht« widmet sich etwa den vielen Gesichtern einer facettenreichen Bildungs- und Stadtgeschichte Essens. Entlang verschiedener Orte und Situationen, in denen Lichtquellen unterschiedlichster Art – von der Grubenlampe unter Tage bis zum Kronleuchter der Villa Hügel – eine Rolle spielten und noch spielen, beleuchtet der Film das letzte Jahrhundert, seine gesellschaftlichen und technischen Auf- und Umbrüche. Die Reise in die Essener Kultur- und Bildungslandschaft lädt dazu ein, sich als Individuum mit eigener Geschichte zu entdecken. Der Film wird anlässlich des Jubiläums der Volkshochschule produziert und auf der Auftaktveranstaltung gezeigt. Die Semester-Eröffnung am 10. Februar 2019 markiert den Start in das Jubiläumsjahr.
»Der gemeinsame Bezugspunkt ist für uns der Begriff der Bildung, der vor hundert Jahren prominent in der Weimarer Verfassung auftaucht und wonach Bildung jeden einzelnen Menschen dazu befähigt, an der Gesellschaft teilzuhaben und diese, wie auch sich selbst, fortzuentwickeln – unabhängig von seiner sozialen Herkunft oder seinem Glauben«, sagt Michael Imberg, Direktor der VHS Essen.
Dieser Anspruch auf Bildung soll, laut Imberg, immer wieder erneuert werden. Die Volkshochschule Essen nennt diese Aktualisierung einen »Realitäts-Check«, dem sich eine wandelnde Stadtgesellschaft unterziehen muss, um Bildung auch zukünftig zu ermöglichen. Denn im digitalen Zeitalter prägen neue Lebensideale das urbane Miteinander, bedürfen neuer Herausforderungen. Die Volkshochschule macht Kursangebote, welche die Selbstwirksamkeit der Teilnehmenden stärken – in privater, in bürgerlicher und in beruflicher Hinsicht. Und das mit einer gehörigen Portion Lust am Lernen.
Die Eröffnungsveranstaltung und Filmpremiere: »100 Jahre im Licht«
im Rahmen der Auftaktveranstaltung im Kino Lichtburg findet statt am Sonntag, den 2. Febraur ab 11 Uhr.
VHS Essen | Burgplatz 1, 45127 Essen | Mehr Info