Wie Cafés mit den neuen Lockerungen umgehen

20. Juni 2020

Als Essener Stadtmagazin interessieren wir uns dafür, wie es den Läden in Essen gerade geht. Wir fragen uns: Wie gehen sie mit den neuen Lockerungen um? Was mussten sie verändern, um wieder öffnen zu dürfen? Wie werden die getroffenen Maßnahmen angenommen? Wir befragen daher einige Essener*innen aus Einzelhandel und Gastro, über die wir in der Vergangenheit berichtet haben.

Nachdem wir uns bereits in kleinen Einzelhandelsgeschäften, bei Essener Gastronomen und Bar-Betreibern umgehört haben, wollen wir im vierten Teil unserer Serie Café-Betreiber zu Wort kommen lassen. Alex Winter und Max Kranz vom Bohnenkartell, Patty Sokoll vom Café Goldbar, Carola Bühn vom Café Livres haben uns berichtet, wie es ihnen geht und was sich für sie und ihre Läden durch die Krise verändert hat.

Alex Winter und Max Kranz vom Bohnenkartell

@ privat

Alex Winter und Max Kranz haben das Bohnenkartell zwischen Essen Rüttenscheid und dem Südviertel im Januar 2017 eröffnet. Seitdem ist das klassische Third Wave Café und Geschäft für Spezialitätenkaffee an der Witteringstraße 41a nicht nur für bewusste Zubereitung seiner Kaffees aus fairer Herkunft bekannt, sondern auch für vielfältige fruchtige und beerige Nuancen. Nach anfänglicher Schließung und genügend Zeit, ein Hygiene-Konzept zu entwickeln, konnten Alex und Max ihre Flexibilität unter Beweis stellen und schnell auf To-go-Geschäft umstellen.

Wie geht es euch?

Zum Glück geht es uns tatsächlich ganz gut. Wir haben versucht, das Beste aus der Zwangspause zu machen und die Zeit genutzt, um den Laden ein wenig zu renovieren und hier und da umzubauen. Außerdem haben wir einen alten Röster auf Vordermann gebracht, mit dem wir demnächst selbst Kaffee rösten werden.

Sind die Massnahmen für euch umsetzbar? Was musstet ihr verändern, um für den Verkauf und eure Gäste wieder öffnen zu dürfen?

Wir mussten natürlich ein wenig ausprobieren, konnten die Maßnahmen aber umsetzen. Leider müssen wir dabei, wie viele andere auch, auf die Hälfte der Sitzplätze verzichten. Durch die schnelle Aufnahme des To-go-Geschäfts, hatten wir schon einige Anforderungen, wie z.B. den Spuckschutz, das Bereitstellen von Desinfektionsmittel, die Beschilderung etc. umsetzen müssen, sodass die »größere Lockerung« im Grunde nur der nächste Schritt war.

Wie läuft es seit der Wiedereröffnung?

Wir beobachten, dass die Menschen froh sind, wieder mehr unternehmen zu können. Dazu gehört es auch, dass sie ins Café gehen. Das freut uns natürlich, denn es läuft fast wieder wie vor Corona – die fehlenden Sitzplätze merken wir natürlich.

Wie werden die getroffenen Maßnahmen angenommen? Halten sich die Gäste daran?

Unsere Kunden gehen sehr verständnis- und verantwortungsvoll mit den Maßnahmen um und halten sich auch daran. Da diese schon fast zum neuen Alltag gehören, haben sich wahrscheinlich auch schon alle an die Maßnahmen gewöhnt.

Was stimmt euch optimistisch?

Wir waren unfassbar positiv überrascht und gerührt, wie sehr uns unsere Kunden unterstützt haben. Sie sind es, die uns zuversichtlich in die Zukunft blicken lassen.

Patty Sokoll vom Café Goldbar

© Lisa M. Engel

Seit 2006 gibt es das Café Goldbar im Südviertel nun schon. Vor gut 15 Jahren hat Patty Sokoll seinen damaligen Seconhand Laden Amsterdam zum bunt gemischten Café umgestaltet. Die Goldbar am Isenbergplatz und ihr Inhaber bringen normalerweise das zusammen, was in einer richtigen Neighbourhoodbar zusammengehört: Lebenskünstler und Bänker. Acht Wochen stand das Café allerdings still – wie es ihm und seinem Team damit geht, hat er uns hier verraten:

Wie geht es dir und deinem Team?

Wir hatten acht Wochen geschlossen und in dieser Zeit war es für mein Team, das zum Großteil aus Minijobbern und Studenten besteht, nicht leicht. Es gab für mich keine Möglichkeit Kurzarbeit anzumelden oder andere Mittel für sie zu beantragen. Sowohl mein Team als auch ich hatten , neben der Soforthilfe, keinerlei Einnahmen und mussten unsere fixen Kosten natürlich trotzdem bezahlen, was bestimmt für den einen oder anderen anstrengend war. Inzwischen geht es mir und meinem Team wieder gut, obwohl noch nicht alle wieder arbeiten, die wir auf unserer Lohnliste stehen haben, da durch die Corona Massnahmen und die Beschränkungen der Laden natürlich nicht an die Umsätze kommt, die er in Nicht-Corona-Zeiten erreicht.

Sind die Massnahmen für euch umsetzbar? Was musstet ihr verändern, um für eure Gäste wieder öffnen zu dürfen?

Die Massnahmen umzusetzen war für uns nicht so schwierig, da Tische auseinander stellen, Desinfektionsmittel bereit stellen, Zettel austeilen und Namen und Daten notieren recht einfach sind. Die Umsetzung ist dann allerdings in der Durchführung etwas komplizierter. Gerade was den Service angeht, bringen sie mehr Mühen und Aufwand für die Mitarbeiter: Gäste an die Maskenpflicht und Abstand erinnern oder einfach dafür sorgen, dass die Leute sich nicht querbeet oder über die Tische hinweg begrüssen. Das alles verursacht Extraarbeit und erfordert manchmal auch ein bisschen Geduld.

Wie läuft es seit der Wiedereröffnung?

Der Laden läuft, trotz Corona-Massnahmen, im entsprechenden Verhältnis wieder gut. Die Leute können alle draussen sitzen und viele haben auch darauf gewartet, dass die Läden wieder aufmachen. Natürlich sind wir noch nicht bei den Umsatzzahlen angekommen, die wir vor Corona hatten, weil wir den Laden nicht einfach wie gewohnt voll packen können. Das macht sich vor allem am Wochenende bemerkbar.

Wie werden die getroffenen Maßnahmen angenommen? Halten sich die Gäste daran?

Im Service hat man im »vollen« Laden doch recht oft das Gefühl, man muss »Kindergärtner« spielen (nicht böse gemeint). Es ist alles etwas umständlicher geworden und für den Service ist es bestimmt auch mehr Arbeit und anstrengend.

Was stimmt euch optimistisch?

Für die Zukunft hegen wir die Hoffnung, dass Corona irgendwann soweit unter Kontrolle ist, dass die Normalität wieder komplett Einzug in unseren Alltag hält. Dann könnten wir den Laden wieder ganz normal öffnen und die Leute dürften sich wieder tummeln, knuddeln, gemeinsam feiern und lebensfroh sein – bei uns in der Goldbar.

Carola Bühn vom Café LIVRES

Das Café LIVRES eröffnete im September 2014 im Essener Südviertel an der Moltkestraße 2a. Ein Schwerpunkt des französisch angehauchten Literaturcafés sind leckere, selbstgemachte Quiches, täglich frisch gebackene Kuchen, französische Spezialitäten sowie die Veranstaltung regelmäßiger Lesungen, Konzerte, Vorträge oder Ausstellungen. Die strengen Auflagen zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus hat das Team kreativ umgesetzt. Carola hat uns dazu ein paar Fragen beantwortet.

Wie geht es dir und deinem Team?

Wir sind sehr froh und dankbar, dass niemand aus unserem Team vom Corona-Virus betroffen ist und hoffen, dass alle weiter gesund und munter bleiben. Die Zeit des Lockdowns haben wir so gut es ging genutzt, um mit diversen Renovierungsmaßnahmen unserem Café LIVRES zu neuer Frische zu verhelfen. Die staatliche Unterstützung, die übrigens extrem schnell und komplikationslos bewilligt und ausgezahlt wurde, hat uns bis zur Wiedereröffnung über Wasser gehalten. Einen Lieferservice für frischen Kaffee und einzelne Stücke Kuchen haben wir nicht einrichten können, so dass wir während der Schließung tatsächlich komplett auf Null runterfahren mussten. Nun arbeiten wir umso mehr wieder mit vollem Eifer und viel Freude daran, unsere Gäste glücklich zu machen.

Sind die Massnahmen für euch umsetzbar? Was musstet ihr verändern, um für eure Gäste wieder öffnen zu dürfen?

Als die Corona-Schutzverordnung für die Gastronomie veröffentlicht wurde, haben wir uns vor allem darüber Gedanken gemacht, wie wir unserem Stil im Café LIVRES treu bleiben und trotz der geforderten Abstandsregeln eine gemütliche Café-Atmosphäre beibehalten können. Dabei kamen wir dann auf die Idee mit den Schaufensterpuppen. Anstatt jeden zweiten Tisch raus zu räumen und Bereiche lieblos abzusperren, sorgen nun acht lebensgroße Schaufensterpuppen mit dafür, dass die anderen Gäste nicht zu eng zusammen sitzen. Trotz der größeren Abstände zwischen den einzelnen Sitzplätzen, entsteht so ein »Gemeinschafts-Gefühl« und ein lebendiges Miteinander. Wir sind nun mal keine Freunde von Flatterband und haben außerdem kein einziges Absperrband gefunden, das auch nur annähernd in unser Farbkonzept passte … Stilvoll gekleidet und in typischen Kaffeehaus Situationen positioniert, sorgen die Leihgaben unseres langjährigen Kultur-Partners, TUP Essen, nun dafür, dass auf sehr charmante Art, der Mindestabstand eingehalten werden kann. Die neuen »Stammgäste« gehören ab sofort zum festen Ensemble des Cafés und sind sicherlich auch in Zukunft noch für die ein oder andere Überraschung gut.

Wie läuft es seit der Wiedereröffnung? Wie werden die getroffenen Maßnahmen angenommen? Halten sich die Gäste daran?

Wir sind sehr froh darüber, dass unsere Gäste die neuen Regeln und Maßnahmen so gut akzeptieren und unterstützen. Unsere Idee mit den Schaufensterpuppen als Platzhalter wird von den meisten Gästen sehr positiv aufgefasst. Einige machen während ihres Café-Besuchs Selfies mit den Puppen und freuen sich darüber, dass man auf diese kreative Art sicheren Abstand gewährleisten kann. Manchmal haben wir aber auch den Eindruck, dass sich Gäste von der angeblichen Fülle im Laden abgeschreckt fühlen. Wenn man nur flüchtig von außen bei uns ins Café LIVRES reinschaut, sieht es durch die lebensecht wirkenden Puppen eigentlich immer voll aus. Und wer in der heutigen Zeit noch zurückhaltend ist im Kontakt mit fremden Menschen, der traut sich in »volle Läden« noch nicht rein …

Somit erreichen wir mit unserer Idee bei einigen Gästen scheinbar genau das Gegenteil von dem, was wir bezwecken wollten. Das führt leider dazu, dass unser Café noch lange nicht so ausgelastet ist, wie es eigentlich möglich wäre. Und das, obwohl wir nach dem Lockdown ja grade mal die Hälfte unserer Tische nutzen können. Wir sind aber weiter zuversichtlich, dass es in den nächsten Monaten stetig bergauf geht und freuen uns schon auf die kommende Herbst-/Wintersaison, wo wir dann hoffentlich auch wieder unsere beliebten Veranstaltungen im Café LIVRES durchführen können.

Was stimmt euch optimistisch?

Wir sind immer optimistisch! Bedanken möchten wir uns besonders bei unserem großartigen Team und bei unseren Gästen für die Treue und die vielen guten Wünsche. Wir sind überzeugt davon, dass unser Konzept bei und mit gutem Kaffee, Quiche & Kuchen auch in Zukunft überzeugen wird und unsere Veranstaltungen ab Herbst erneut zum Verweilen und Geniessen einladen!

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